Schlagwort-Archive: Therapie

Therapieberufe an die Hochschule

Liebe BDSLer, 

es wird noch einmal spannend zum Thema vollständige hochschulische Ausbildung der Therapieberufe …

Bitte unterstützt die Petition auf der Seite des Bündnisses „Therapieberufe an die Hochschule“ und nutzt Eure/Ihre Netzwerke für die Verbreitung: Petition – Bündnis Therapieberufe (buendnis-therapieberufe.de)

Auf der Bündnis-Seite gibt es auch eine Plakataktion: in 30 Sekunden kann man dort ein Foto-Plakat erstellen und sich selbst als Unterstützter*in ein Gesicht geben (s. unten)!

Der BDSL setzt sich im Gefüge dieser Diskussion für die Einbeziehung der Schulen in den Aufbau der Akademisierung ein. Wir fordern dualintegrative primärqualifizierende Studiengänge, die mit den Schulen zusammen eine neue Konzeption auf Hochschulebene erwirken. Wir werben für dieses Konzept und für eine Übergangsphase von 10 bis 15 Jahren. Die Positionspapiere bzw. Statements dazu finden Sie unter www.BDSL-ev.de. Wir würden uns freuen, wenn Sie/Ihr diese Informationen breiträumig an die Schüler und andere Akteure Ihres/Eures Netzwerkes weitergebt.

Therapieberufe an die Hochschule

Sprache und Ernährung bei Demenz

Knels, C. (2018): Sprache und Ernährung bei Demenz. Klinik, Diagnostik und Therapie. Thieme Verlag. 178 Seiten.

Im Fachbuch „Sprache und Ernährung bei Demenz. Klinik, Diagnostik und Therapie“ von Knels (2018) liegt der Fokus im Bereich des Grundlagenwissens. Die Autorin vermittelt dabei sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen und bleibt dadurch praxisnah.

Inhaltlich umfasst das Buch die allgemeine Symptomatik von Demenz und mit Demenz einhergehenden Einschränkungen der Kognition, der Kommunikation und der Ernährung. Abgrenzend dazu wird auch das normale Altern und seine Auswirkungen in den o.g. Bereichen dargestellt, beispielsweise der Kalorienbedarf im Alter und in Abhängigkeit von verschiedenen Konditionen. Diagnostische Möglichkeiten werden sowohl für den Bereich Kognition als auch für den Bereich der Sprache genannt und z.T. mit Patientenbeispielen versehen. Bei den gängigen Sprachtests wird explizit Bezug auf die Anwendbarkeit und Interpretation beim Vorliegen einer Demenz genommen. Schließlich geht die Autorin auch auf Therapieoptionen im Bereich Sprache ein. Hierbei gibt sie einen soliden Überblick über das Setting, Voraussetzungen in der Therapie und an die Behandelnden, Behandlungsansätze sowie über die speziellen Bedürfnisse dieser Klientel. Hervorgehoben werden eine interdisziplinäre Herangehensweise, der Beziehungsaspekt in der Behandlung und die Biografiearbeit. Auch hier geben diverse Praxistipps einen Einblick und Hilfestellung für den Umgang mit Betroffenen sowie ihren Angehörigen. Hinsichtlich der Ernährung bei Demenz erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung der Veränderungen und Herausforderungen durch die Erkrankung. Diese ist eine Einladung, über den Tellerrand der funktionellen Dysphagiebefundung und -behandlung hinaus zu denken und zu handeln.

Insgesamt hat die Autorin ein sehr lesenswertes Fachbuch geschaffen, das viele Möglichkeiten aufzeigt, sich in die herausfordernde Thematik „Logopädie bei Demenz“ zu vertiefen. Meiner Meinung nach finden auch Erfahrenere neue Impulse, zusätzliche Tipps und Bestätigungen eines Handelns, welches oft vielleicht mehr auf Intuition als auf wissenschaftlichem Fundament basiert. Beim Nachschlagen findet man schnell zur relevanten Stelle. Besonders gut gefallen haben mir Hinweise bezüglich fehlender Sinnhaftigkeit bei verschiedenen, allgemein bekannten und gern eingeforderten Maßnahmen, wie z.B. einzelner Tests oder Übungen ab einem bestimmten Schweregrad der Demenz. Dadurch entsteht jedoch keinesfalls der Eindruck, eine Befunderhebung oder Behandlung wäre grundsätzlich nicht mehr indiziert oder nicht mehr möglich. Frau Knels spricht sich alternativ z.B. dafür aus, Betroffene in ihrer Lebenssituation zu beobachten und daraus Therapieziele, Beratungsbedarfe und Ressourcen abzuleiten. Auch die Biografie- und Angehörigenarbeit hebt sie wiederholt hervor. Dies passt sehr gut zu meinen eigenen Erfahrungen. Ich empfehle dieses Buch sehr gern sowohl angehenden als auch berufserfahrenen Therapierenden.

Rezensentin: Melanie Hapke (Logopädin (M.Sc.) in Pulmologie, Neurologie und Geriatrie, Referentin und Prüfungsmitarbeiterin)

BDSL Logopädie

Therapie funktioneller Stimmstörungen

Brügge, Walburga & Mohs, Katherina (2014): Therapie funktioneller Stimmstörungen, Übungssammlung zu Körper, Atmung, Stimme. 7. Auflage. München: Ernst Reinhardt Verlag.186 Seiten für 24,90 Euro

Ich fand den Aufbau des Buches sehr übersichtlich und strukturiert, was mir den Umgang damit, speziell die schnelle Suche nach geeigneten Übungen erleichterte. Dabei waren besonders die grün markierten Felder mit den Therapiezielen hilfreich. Insgesamt fand ich die Gestaltung gelungen, da ich jedoch ein eher visueller Typ bin, wäre mir eine vielfältigere Farbgestaltungen lieber gewesen. Die Übungsbeschreibungen empfinde ich als klar und verständlich, die Zeichnungen als sehr hilfreich, da diese schön schlicht gehalten sind und die Zielposition/-bewegung sehr gut verdeutlichen. Das macht den Einsatz des Buches in meinen Augen besonders in kurzfristigen Therapieplanungen wirklich nützlich. Die Übung auf S. 70 in der Abb. 16 b ist für mich und viele meiner Logopäden-Kolleginnen, mit denen ich gesprochen habe, aufgrund der eigenen Körperstatur oder der des Patienten nicht möglich durchzuführen. Darüber hinaus wurde sie von meinem Patienten als unangenehm empfunden. Der Teil x. „Übertrag in den Alltag“ kommt meiner Meinung nach etwas zu kurz, zumal die Transferleistung oftmals der entscheidende und schwierigste Teil in einer Therapie ist. Insgesamt finde ich es eine sehr gelungenes Buch!

Rezension von Marianne Hagen (Logopädin B.A.)
Lehrlogopädin Fachbereich Stimme am Institut „Die Schule“ in Bochum

BDSL Logopädie

Der therapeutische Dialog

Wanetschka, V. (2017): Der therapeutische Dialog. Umgang mit Kontakt und Widerstand. Lehrbuch für Gesundheitsfachberufe. Therapie Lernen II
218 Seiten, 17 Abb., 41 Tab., 12 Arbeitsblätter/Fragebögen € [D] 28,50

Vera Wanetschka hat ein praxisnahes Lehrbuch zur Entwicklung therapeutischer Kommunikations- und Interaktionskompetenz im Ausbildungskontext von Gesundheitsfachberufen verfasst. Geleitet von der These, dass der Therapieerfolg zum großen Teil abhängig von einer konstruktiven Beziehungsgestaltung mit den jeweiligen Patienten ist, führt sie den Leser bewundernswert stringent in die grundlegenden Annahmen und Positionen zu Dialog, Kontakt und Widerstand der humanistischen Bewegung (Rogers, Perls, Buber, Maslow, Satir, Berne) und des systemisch/ konstruktivistischen Ansatzes (Watzlawick, Glaserfeld, Roth) ein. Ebenso diskutiert die Autorin die doppelte Subjektverschränkung in therapeutischen und pädagogischen Lehr-Lernprozessen und widmet sich der komplexen Frage von Gemeinsamkeiten und Unterschieden psychotherapeutischer, pädagogischer und logopädisch-therapeutischer Arbeit und deren Bedeutung für die berufliche Identitätsfindung.
Aufgrund der Beobachtung, dass BerufsanfängerInnen häufig hilflos bzw. destruktiv mit Widerständen seitens ihrer Patienten umgehen, entwickelte Vera Wanetschka mit ihren Kolleginnen an der Schule für Logopädie Bremen im Verlauf von über zwanzig Jahren ein seminaristisches Konzept zum Ausbau therapeutisch-dialogischer Kompetenzen. Die lernenden LogopädInnen erhalten in diesem praktischen Ausbildungszyklus einen geschützten Rahmen, in dem sie sich im Sinne des konstruktivistischen Lernverständnisses erlebend und reflektierend mit Deutungs- und Entscheidungsprozessen auseinandersetzen können. Die Präsentation dieses seminaristischen Konzeptes in seiner praktischen Umsetzung bildet das Herzstück der Publikation.
Das Konzept gliedert sich in zwei Module mit insgesamt sechs Blockseminaren, welche sich über einen zeitlichen Ausbildungsrahmen von sechs Wochen erstrecken. Die sechs Blockseminare sind sehr übersichtlich und strukturiert aufgebaut. Jedes Seminar enthält die konkreten und spezifisch formulierten Kompetenzziele, den Wochenplan mit zeitlicher und inhaltlicher Struktur in Form von Tabellen, theoretisches Hintergrund- und Anwendungswissen im Fließtext sowie die didaktischen Ansätze und konkreten methodischen Umsetzungen. Weiterführende Literatur- und Filmempfehlungen sowie Fotos bzw. Darstellungen von Arbeitsprozessen und -ergebnissen absolvierter Ausbildungszyklen runden die Seminarbeschreibungen ab.
Das übergeordnete Ziel reflektierende TherapeutInnen auszubilden, wird konsequent umgesetzt, indem in den einzelnen Blockseminaren kontinuierlich hermeneutisch-referentielle Prozesse ermöglicht werden. Hierfür werden erfahrungs- und handlungsorientierte Lernmethoden wie Rollenspiele, Beobachtung, Arbeit am konkreten Fall, kollegiale Ausbildungssupervision und Biografiearbeit gewählt. Instrumentelle Fertigkeiten und Kenntnisse wie z.B. aktives Zuhören, Auftragsklärung, Identifikation von „Antreibersätzen“ oder die Formulierung von Umdeutungen werden expliziert trainiert. Zahlreiche Übungen wie z.B. „Nilpferd, Boxer, Schaf“, „Komm, Geh, Stop“, „Spiegeltanz“, „Wer gab mir Flügel“-Plakate ermöglichen sinnliche und biographische Erlebnisaspekte.
Die verwendeten Methoden bzw. didaktischen Ansätze werden in den nachfolgenden Kapiteln des Buches ausführlich und nachvollziehbar beschrieben, so dass die Lust neue Wege auszuprobieren, geweckt wird. Im Anhang werden die Leser respektive Lehrenden zusätzlich von skizzierten Arbeits- und Fragebögen inspiriert. Die Reichhaltigkeit und Tiefgründigkeit der Inhalte sowie die didaktische Strukturierung der einzelnen Blockseminare sind beeindruckend präzise und dennoch kreativ. Die Autorin leistet für die Lehrenden und Lernenden in gesundheitlich-therapeutischen Ausbildungsprozessen einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung therapeutischer Identitätsbildung sowie kommunikativ-interaktiver Handlungskompetenz und intendiert damit eine tragfähige Beziehungsgestaltung mit den Patienten im Sinne einer „therapeutischen Allianz“. (Roth 2014 in Wanetschka 2017).

Stephanie Lehmann, Diplom-Medizinpädagogin, staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin

Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen

Brügge, W. und Mohs, K. (2016). Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen. Eine Übungssammlung. 5. Auflage. 262 Seiten. München: Ernst Reinhardt Verlag.

Dieses Buch ist eine Bereicherung für jede erfahrene Logopädin und auch für Berufseinsteiger, da die enthaltenen umsetzbaren Spielvorschläge neuen kreativen Input für die eigenen Therapien liefern. Es werden sowohl die sprachlichen Ebenen Sprachverständnis, Lexikon / Semantik, Syntax / Morphologie und Artikulation als auch die „unmittelbar in Zusammenhang stehenden Leistungen“ wie Mundmotorik, auditive Wahrnehmung und phonologische Bewusstheit, Körperwahrnehmung, Spannung und Haltung sowie Feinmotorik beleuchtet. Durch die ansprechende Gestaltung jedes einzelnen Kapitels ist eine Übersichtlichkeit gegeben und ein schnelles Nachschlagen möglich.In jedem Kapitel werden Ziele formuliert, welche die Therapieplanung erleichtern. Zusätzlich erteilen die Autorinnen allgemeine Handlungs- und Therapiehinweise mit Steigerungsmöglichkeiten und Variationen der einzelnen Übungen, die eine komplexe und abwechslungsreiche Therapiegestaltung ermöglichen. Diese Hinweise und die Empfehlungen für die Elternarbeit sind vorallem für junge Therapeutinnen hilfreich.Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf dem Kapitel „Artikulation“, welches allgemeine Spielvorschläge für die Laut-, Silben-, Wort- und Satzebene enthält und jeden einzelnen Laut umfassend und praktisch beleuchtet, sowie auf dem Kapitel „auditive Wahrnehmung und phonologische Bewusstheit“, welches ein fokussiertes Arbeiten direkt am Störungsschwerpunkt des Patienten erlaubt. Auch das Kapitel „Mundmotorik“ bietet mit teilweise bewährten als auch mit neuen Spielvorschlägen und bildlicher Unterstützung neue Inspiration für die eigene Therapie. Spielvorschläge zu den Bereichen Sprachverständnis, Lexikon / Semantik und Syntax / Morphologie sind in den entsprechenden Kapiteln des Buches vorhanden, bereichern erfahrene Logopädinnen allerdings nur bedingt durch neue Therapieideen. Hervorzuheben sind die detaillierten Wort- und Materiallisten der Kapitel „Mundmotorik“, „Semantik und Wortschatz“, „auditive Wahrnehmung und phonologische Bewusstheit“ sowie „Morphologie und Syntax“, welche sich im Anhang des Buches befinden.

Carolin Weyer (Staatlich anerkannte Logopädin, B.Sc. Logopädie, M.Sc. Health Professions Education, Lehrende an der Akademie der Gesundheit im Fachbereich Logopädie)

MuSE-Pro – Überprüfung grammatischer Fähigkeiten bei 5- bis 8-jährigen Kindern

Berg, Margit (2015): MuSE-Pro – Überprüfung grammatischer Fähigkeiten bei 5- bis 8-jährigen Kindern. München: Ernst-Reinhardt-Verlag. DIN A4. Mit Begleitmaterial: ca. 6 farbige, laminierte Bildkarten und Box mit ca. 8 Schachteln. 26 Seiten. ca. € [D] 49,90

Mit dem Material „MuSE-Pro“ (Morphologische und Syntaktische Entwicklung – Produktion) wird ein Verfahren zur Überprüfung der grammatischen Fähigkeit von 5 bis 8jährigen Kindern vorgestellt, welches in einer Durchführungsdauer von 15 Minuten etwa 50 Äußerungen des Patienten evozieren soll. Das Verfahren wurde im Rahmen einer Kooperation der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Universität Leipzig entwickelt und im wissenschaftlichen Kontext verwendet. Zudem wird angegeben, die Verbesserung des Verfahrens sei durch Sonderpädagogen an Schulen mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Baden-Württemberg unterstützt worden.Der für das Manual zusammengestellte Überblick bestehender Diagnostikverfahren für den grammatischen Bereich sowie die Beschreibung des grammatischen Erwerbs sind für eine schnelle Orientierung hilfreich und geben eine gute fachliche Einführung. Da das Manual insgesamt recht kurz gehalten ist, sind die Prinzipien und theoretischen Hintergründe einer Diagnostik mit dem Schwerpunkt Morphologie-Syntax für einen Leser ohne weiterführende Kenntnisse jedoch vermutlich nur bedingt nachvollziehbar. Die Durchführung des Verfahrens ist im Manual sehr verständlich beschrieben und durch eine große Grafik (S. 13-14) ansprechend visualisiert worden. Sowohl das zu verwendende Material als auch die Formulierungen zur Durchführung und/oder Evozierung werden genannt und gut erklärt. Durch die direkte Protokollierung auf dem Auswertungsbogen kann in der Nachbereitung der Therapie sicherlich Zeit gespart werden. Die Bögen sind übersichtlich gestaltet und referieren deutlich auf das verwendete Material, unterscheiden jedoch ausschließlich zwischen „korrekten“ und „nicht korrekten“ Äußerungen. Das Feld zum Eintragen nicht korrekter Äußerungen erlaubt zwar stichwortartige Notizen, jedoch ist für die Mitschrift längerer fehlerhafter Sätze des Patienten nicht ausreichend Platz vorhanden. Das Verfahren stützt sich auf die quantitative Auswertung. Korrekt produzierte Äußerungen werden gezählt und in einen prozentualen Anteil umgewandelt (Bsp. Bereich Kasus I: 30% korrekt). Eine qualitative Analyse, welche Fehlbildungen vorhanden sind, müsste durch den behandelten Therapeuten jedoch zusätzlich durchgeführt werden. Für die Einschätzung der produktiven Leistung im Rahmen einer einmaligen Untersuchung oder einer Verlaufskontrolle erscheint das Verfahren als gut geeignet – für die Therapieableitung werden jedoch sicherlich weiterführende Einschätzungen benötigt. Die Interpretation der Testergebnisse wird auf zwei Seiten dargestellt. Ein wenig Übung und die sichere Kenntnis des kindlichen Grammatikerwerbs ist für den Auswerter jedoch sicherlich Voraussetzung, um die Testergebnisse gewinnbringend zu interpretieren.Das mitgelieferte Material ist sehr ansprechend und geschlechterneutral gestaltet. Die Abbildungen sind kindgerecht und hübsch koloriert. Die Hundegeschichte, welche u.a. zur Produktion von Nebensatzstrukturen dient, ist hierbei besonders positiv hervorzuheben. Die evozierten Satzstrukturen (Bsp. „Wenn Fido Ball spielt, hat er Spaß“) sind kindgerecht und wirken nicht konstruiert. Die kleinen Schachteln werden den Kindern sicher gut gefallen und viel Spaß machen, allerdings ist zu vermuten, dass in vielen Praxen schon bald mit Hilfe von Streichholzschachteln Ersatzmaterial gebastelt werden müsste, da die kleinen Boxen vermutlich nicht ewig halten werden. Für den aktuellen Preis von 59,90 Euro handelt es sich um ein ansprechend gestaltetes und gut durchdachtes Verfahren, das im Praxisalltag zur Überprüfung der produktiven grammatischen Fähigkeiten eines Patienten genutzt werden kann. Die Itemanzahl ist hierbei größer als bei gängigen Überblicksverfahren, gibt jedoch dennoch nur einen orientierenden Eindruck. Die Auswertung des Verfahrens muss zur Therapieableitung durch eine qualitative Einschätzung des Therapeuten ergänzt werden. Durch die eher kurze Durchführungs- und Auswertungsdauer stellt „MuSE-Pro“ eine hilfreiche, quantitativ ausgerichtete Ergänzung zur Spontansprachanalyse dar.

Isabel Neitzel (Lehrlogopädin IB Medizinische Akademie, Köln)

Praxis der Funktionalen Stimmtherapie

Föcking, W./Parrino, M. (2015): Praxis der Funktionalen Stimmtherapie. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag. 34,99 Euro.

Das Autorenteam Wiltrud Föcking und Marco Parrino entführt die stimmtherapeutische Fachwelt auf fachlich hohem Niveau in die anregende Praxis der Funktionalen Stimmtherapie. Das Buch leitet seine Leserschaft mittels eines stringent didaktischen und optisch klar gegliederten Aufbaus durch die Inhalte. Dem ausführlichen Praxisanteil – mit 150 Übungen! – ist ein systematisch ansprechender Theorieteil vorangestellt. Unter dem Aspekt „Fazit“ werden die Kernaussagen eines jeden Kapitels resümierend dargestellt. Die für die therapeutische Praxis relevanten Schlussfolgerungen werden in den jeweiligen Kapiteln extra hervorgehoben. Zahlreiche schematische Darstellungen ermöglichen ein ergänzendes und vertiefendes Verstehen der Inhalte. Die beiden Autoren liefern dem Leser einen fundierten sowie differenzierten theoretischen Hintergrund der Methode. Sie erklären anschaulich die Stimmgebung als selbstorganisiertes System mit ihren immanenten Funktionen und leiten übergeordnete Prinzipien, sogenannte Ordner, der Stimmfunktionen ab. Die anatomischen/physiologischen Grundlagen der Stimmgebung werden prägnant und verständlich dargelegt. Föcking und Parrino räumen auch mit tradierten Vorstellungen der stimmtherapeutischen Praxis auf. So hinterfragen sie kritisch den Einfluss der „Körperresonanz“ auf die Stimmgebung, den isolierten Einsatz von Tonusübungen sowie die oft ohne Glottis- und Klangbezug praktizierte Arbeit in den Bereichen Atmung und Artikulation. Das spannende Kapitel Rhythmus sowie das Unterkapitel Psyche und Stimme könnten in ihrer Argumentation gern noch differenzierter und ausführlicher sein. Die Stimmbefundung ist als Zugabe in Form eines Befundbogens im Serviceteil verortet. Die Leser dürfen vielleicht auf eine sich anschließende Publikation zur Durchführung und Interpretation der Stimmdiagnostik im Rahmen der Funktionalen Stimmtherapie hoffen.Die Therapeutenrolle und das therapeutische Setting der Funktionalen Stimmtherapie werden ausführlich erläutert. Hierbei sei angemerkt, dass spätestens im Praxisteil erkennbar wird, wie (selbst)erfahren und reflektiert praktizierende Stimmtherapeuten sein müssen. Die therapeutische Kompetenz eine differenzierte Stimmklanganalyse durchführen zu können, die Fähigkeit adäquate Ziele und Übungen individuell abzuleiten und spontan anzupassen sowie die immer wieder prozesshafte dialogische Form der kommunikativen Interaktion zu realisieren, werden von Föcking und Parrino deutlich herausgearbeitet. Das Autorenteam betont, dass das Störungsbild einer primären hyperfunktionellen Dysphonie nicht existiere und schließt sich der Aussage Kruses an, die glottische Hypofunktion müsse gezielt behandelt werden. Konsequenterweise sind „(…) kompensatorische Funktionsmuster abzubauen und die Stimmmuskeln zu trainieren (…)“ (Föcking, Parrino 2015, S. 45). Die 150 praktischen Übungen sind übersichtlich in Kategorien systematisiert. Die Übungskategorien lassen sich den im Theorieteil vorgestellten 12 „Ordnern“ (Klangvorstellung, Hören, Sensorik, Klangorientierung, Glottisfokussierung, Aktivierung der Selbstorganisation, Durchlässigkeit, Brillanz, Vibrato, Rhythmus, Registerkoordination und Unterdruck) zuordnen. Diese ergeben sich aus den Funktionen der Stimmgebung. Bestechender Weise wird in jeder Übung die direkte Arbeit an (der Selbstregulierung) der Stimmfunktion fokussiert. Der Einsatz des Klaviers als wichtigster Bestandteil in der praktischen Umsetzung und der Modus des Tönens könnten für nicht musikalisch ausgebildete Stimmtherapeuten eine Herausforderung darstellen, die es sich aber in jedem Fall lohnt anzunehmen. Föcking und Parrino benennen einleitend zu jeder Übung die stimmfunktionalen Ziele. Die Durchführungsanleitungen der Übungen sind stichpunktartig gehalten, ermöglichen aber eine konkrete Vorstellung sowie Umsetzung. Die Übungsinhalte und -abläufe werden unter den Stichworten „Hilfen, Variationen, Zu beachten, So geht`s weiter“ ergänzt. Mit wichtigen Hinweisen und Informationen zur Wirkung und den praktischen Einsatzmöglichkeiten runden die Autoren die jeweilige Übung ab.Hervorragend sind die Audio- und Videodateien, welche als „Extras online“ dem Leser zur Verfügung stehen. Sie belegen eindrücklich die hörbare Klangveränderung auf Glottisebene und geben somit faszinierende Eindrücke ins Kerngeschehen der Stimmfunktionen bzw. Klangentstehung.Endlich liegt ein Fachbuch vor, das den Reflexionsfragen als unabdingbare therapeutische Intervention ein eigenes Kapitel widmet und eine Auswahl dieser konsequent in jeder Übungsbeschreibung wieder aufgreift. Auch dem häufig vernachlässigten Aspekt des Transfers wenden sich die Autoren in einem komprimierten Kapitel zu.
Frau Föcking und Herr Parrino haben ein Standardwerk für die therapeutische Stimmpraxis geschrieben, welches hoffentlich zukünftig bereits in der Ausbildung zur Pflichtlektüre und stimmpraktischen Umsetzung gehören wird, denn „Arbeit an der Stimme ist Arbeit an der Stimme ist Arbeit an der Stimme …“ (Föcking, Parrino 2015, S. 92).

Stephanie Lehmann (Diplom-Medizinpädagogin, staatlich geprüfte Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin)Lehrende im Bereich Logopädie der Ludwig Fresenius Schulen (Berlin)