Archiv der Kategorie: Rezension

Systematische Fallarbeit in der Logopädie

Schräpler, U. und Steiner, J. (2021): Systematische Fallarbeit in der Logopädie. Grundlagen und Beispiele. Kohlhammer Verlag: Stuttgart. 134 Seiten. ISBN: 978-3-17-036901-6

Das Buch ist ein weiterer Schritt in Richtung einer theoriegeleiteten logopädischen Praxis, die wissenschaftlich aufarbeitet und damit lehr- und wiederholbar macht, was als Erfahrungswissen durch viele Logopäd*innen aufgrund ihrer praktischen Tätigkeit bereits verinnerlicht ist.

In insgesamt zehn Kapiteln gehen die 13 Autor*innen auf die verschiedenen Aspekte der Fallarbeit ein. Sie verfolgen dabei das Ziel, Handlungssicherheit durch Wissen über ein systematisches Herangehen an einen Fall (vgl., 11) zu erzeugen.

Dafür wird zunächst in den ersten sechs Kapiteln grundlegend beleuchtet, was „Fall“ bzw. „Kasuistik“ bedeuten und wie wichtig es ist, kein prototypisches Vorgehen zu kreieren, sondern lediglich „Leitplanken“ (15) festzulegen, die den Rahmen für ein individuelles und gleichrangiges Arbeiten mit der konkreten Patient*in und ihrem Anliegen abstecken. Als solche Leitplanken werden beispielsweise das siebenstufige „Therapie-Kaskadenmodell“ (27ff.) für die Gestaltung des Therapieprozesses sowie die „Fallvignette mit 25 Stationen“ (51) als Überblick für Informationen, die in Berichten oder Dokumentationen festgehalten werden müssen, angeboten.

Um zu verdeutlichen, wie Praxis und Theorie in der Handlungswissenschaft Logopädie ineinandergreifen (müssen), beleuchten die Autoren der Kapitel fünf und sechs das Vorgehen bei der Entstehung von Modellen sowie jenes bei der Durchführung von (Einzel-) Fallstudien konkreter. Komprimiert und verständlich wird die Leserschaft an Arten und Inhalte von Modellen sowie die bestehenden Herausforderungen bei der Umsetzung von Studiendesigns mit einem hohen Evidenzniveau herangeführt.

Die letzten vier Kapitel wenden sich konkreten Fällen aus den Bereichen Stimm-, Spracherwerbs-, Stotter- und Dysphagietherapie zu. Dabei werden vorab aktuelle störungsbildspezifische Informationen aufgeführt und anschließend eine konkrete Fallschilderung anhand der Stufen des Therapie-Kaskadenmodells, welches auf diese Weise mehrmals wiederholt und somit gut verinnerlicht werden kann, vorgenommen. Verdeutlicht wird dadurch, dass das beschriebene Kaskadenmodell sowohl während der Arbeit am Fall als auch bei nachträglichen Beschreibungen, z.B. in der Aufarbeitung für Lehrzwecke, eine sinnvolle Orientierung bietet.

Für mich als Lehrende an einer Schule für Logopädie liefert das Buch wichtige Anregungen und Vorlagen zur theoretischen Vermittlung praktischer Prozesse, die bisher v.a. im Rahmen der supervidierten internen Ausbildung in der Lehrambulanz erfahren und erlernt worden sind. Besonders ansprechend empfinde ich die Sensibilität der Autor*innen für die Gleichstellung von externer und interner Evidenz. In Zeiten berufspolitischer Neuausrichtung und dem Drängen nach Akademisierung unserer Profession können Wissenschaftlichkeit und praktische Erfahrung sowie die Protagonisten beider Bereiche somit gleichermaßen wertgeschätzt und zum gegenseitigen Austausch angeregt werden.

Rezensentin: Jana Post (Logopädin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin, Fachrichtungskoordinatorin Logopädie am Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe des Universitätsklinikums Halle/Saale)

BDSL Logopädie

Bewegung und Stimme bei Parkinson fördern

Hunziker, E. und Degen, U. (2022). Bewegung und Stimme bei Parkinson fördern. Ressourcenorientiertes Praxisbuch. Ernst Reinhardt Verlag. 120 Seiten. ISBN: 978-3-497-03103-0

Frau Hunziker und Frau Degen ist es gelungen, ein Buch mit Übungen für alle therapeutischen Disziplinen (Logopädie, Ergo- und Physiotherapie) sowie alle (Selbsthilfe)Gruppenleiter für an Parkinson erkrankten Menschen herauszubringen, welches Übungen aus allen Bereichen zur Förderung im Gruppensetting anbietet.

Im Mittelpunkt des Konzeptes steht das Wohlbefinden von Betroffenen, was sich häufig durch Veränderungen der Stimme und der Bewegungsfähigkeit bereits im frühen Stadium bemerkbar macht. Es wird verdeutlicht, dass sich der Begriff „Wohlbefinden“ in mehrere Bereiche unterteilt und welche Auswirkungen das Konzept unter Berücksichtigung verschiedenster Faktoren (z.B. Unsicherheit, Stress, Anspannung etc.) auf das soziale Leben nach sich ziehen kann.

Im Sinne der S3-Leitlinie zum Idiopathischen Parkinsonsyndrom der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist es Ziel des Konzeptes, die Stimme durch Bewegungsunterstützung zu kräftigen und somit auch die Unterstützung der gesamten Kommunikationsfähigkeit indirekt zu trainieren. Zusätzlich werden gleichermaßen stimmliche und motorische Fähigkeiten durch Körperwahrnehmung verbessert und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten soll zurückgewonnen werden.

Inhaltlich stehen die Schwerpunkte der Bewegungsverbesserung (Beweglichkeit, Gleichgewichts-, Koordinationsfähigkeit, Kraftdosierung), Verbesserung der Artikulation sowie Aktivierung der Mund- und Gesichtsmotorik, Koordination von Atmung und Sprechen und Grundlagen für eine physiologische Stimmgebung (Körperwahrnehmung und Entspannung). Methodisch wird aufgrund des Gruppenangebotes gezielt an die Stärken der einzelnen Teilnehmer*innen angeknüpft und das gemeinsame Experimentieren mit Freude und Neugier in den Mittelpunkt gerückt.

Exemplarisch sind vor der Übungssammlung drei Einheiten mit möglichen Inhalten dargestellt. Die jeweiligen Übungen werden in ihrem Setting und der Durchführung detailreich beschrieben. Ebenso werden der*dem Gruppenleiter*in methodisch-didaktischen Hinweise sowie Variationsmöglichkeiten und benötigte Materialien an die Hand gegeben. Alle aufgeführten Übungen werden bildlich dargestellt, sodass sich auch Laien gut in das Konzept einarbeiten können.

Das Buch ist klar strukturiert, inhaltlich logisch aufgebaut und verständlich geschrieben. Es bietet nicht nur Therapeuten die Möglichkeit, im Sinne einer interdisziplinären Behandlung über den Tellerrand hinauszuschauen, sondern leitet auch Personen, die nicht aus dem therapeutischen Kontext kommen, strukturiert zur Durchführung einer Gruppenstunde an.

Bewegung und Stimme bei Parkinson fördern Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass die im Buch genannten Übungen keine therapeutisch indizierte Intervention ersetzen, sondern lediglich als Förderungsmaßnahme anzusehen sind. Zudem wäre es schön gewesen, wenn auch mögliche Hindernisse oder Kontraindikationen für Übungen genannt werden, sodass eine korrekte Durchführung in jedem Fall gewährleistet bleibt.

Rezensentin: Lena Bär

BDSL Logopädie

Sprache und Ernährung bei Demenz

Knels, C. (2018): Sprache und Ernährung bei Demenz. Klinik, Diagnostik und Therapie. Thieme Verlag. 178 Seiten.

Im Fachbuch „Sprache und Ernährung bei Demenz. Klinik, Diagnostik und Therapie“ von Knels (2018) liegt der Fokus im Bereich des Grundlagenwissens. Die Autorin vermittelt dabei sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen und bleibt dadurch praxisnah.

Inhaltlich umfasst das Buch die allgemeine Symptomatik von Demenz und mit Demenz einhergehenden Einschränkungen der Kognition, der Kommunikation und der Ernährung. Abgrenzend dazu wird auch das normale Altern und seine Auswirkungen in den o.g. Bereichen dargestellt, beispielsweise der Kalorienbedarf im Alter und in Abhängigkeit von verschiedenen Konditionen. Diagnostische Möglichkeiten werden sowohl für den Bereich Kognition als auch für den Bereich der Sprache genannt und z.T. mit Patientenbeispielen versehen. Bei den gängigen Sprachtests wird explizit Bezug auf die Anwendbarkeit und Interpretation beim Vorliegen einer Demenz genommen. Schließlich geht die Autorin auch auf Therapieoptionen im Bereich Sprache ein. Hierbei gibt sie einen soliden Überblick über das Setting, Voraussetzungen in der Therapie und an die Behandelnden, Behandlungsansätze sowie über die speziellen Bedürfnisse dieser Klientel. Hervorgehoben werden eine interdisziplinäre Herangehensweise, der Beziehungsaspekt in der Behandlung und die Biografiearbeit. Auch hier geben diverse Praxistipps einen Einblick und Hilfestellung für den Umgang mit Betroffenen sowie ihren Angehörigen. Hinsichtlich der Ernährung bei Demenz erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung der Veränderungen und Herausforderungen durch die Erkrankung. Diese ist eine Einladung, über den Tellerrand der funktionellen Dysphagiebefundung und -behandlung hinaus zu denken und zu handeln.

Insgesamt hat die Autorin ein sehr lesenswertes Fachbuch geschaffen, das viele Möglichkeiten aufzeigt, sich in die herausfordernde Thematik „Logopädie bei Demenz“ zu vertiefen. Meiner Meinung nach finden auch Erfahrenere neue Impulse, zusätzliche Tipps und Bestätigungen eines Handelns, welches oft vielleicht mehr auf Intuition als auf wissenschaftlichem Fundament basiert. Beim Nachschlagen findet man schnell zur relevanten Stelle. Besonders gut gefallen haben mir Hinweise bezüglich fehlender Sinnhaftigkeit bei verschiedenen, allgemein bekannten und gern eingeforderten Maßnahmen, wie z.B. einzelner Tests oder Übungen ab einem bestimmten Schweregrad der Demenz. Dadurch entsteht jedoch keinesfalls der Eindruck, eine Befunderhebung oder Behandlung wäre grundsätzlich nicht mehr indiziert oder nicht mehr möglich. Frau Knels spricht sich alternativ z.B. dafür aus, Betroffene in ihrer Lebenssituation zu beobachten und daraus Therapieziele, Beratungsbedarfe und Ressourcen abzuleiten. Auch die Biografie- und Angehörigenarbeit hebt sie wiederholt hervor. Dies passt sehr gut zu meinen eigenen Erfahrungen. Ich empfehle dieses Buch sehr gern sowohl angehenden als auch berufserfahrenen Therapierenden.

Rezensentin: Melanie Hapke (Logopädin (M.Sc.) in Pulmologie, Neurologie und Geriatrie, Referentin und Prüfungsmitarbeiterin)

BDSL Logopädie

Innovative Beratung in der Logopädie

Steiner, J. (2021). Innovative Beratung in der Logopädie. Handreichungen für die Praxis. Schulz-Kirchner Verlag. 196 Seiten.

Das Buch „Innovative Beratung in der Logopädie“ umfasst 11 Beiträge von 12 Autor*innen. Den größten Anteil nehmen dabei die fünf Artikel zur „Grundlegung“ im A-Teil ein. Mit Beharrlichkeit wird deutlich gemacht, dass Beratung im logopädischen Alltag – im Kontext der ICF-basierten Betrachtung der Lebenszusammenhänge von Patient*innen, eines gleichrangigen Miteinanders (Shared Decision Making) sowie einer steigenden Komplexität und Interdisziplinarität – als „obligater Teil“ (Steiner, 34) angesehen werden muss. Die Leser*in findet nicht nur Wissen zu Beratungssettings und -modellen, systemischen Haltungen und Tools sowie herausfordernden Beratungssituationen, sondern darüber hinaus bereits Ideen zur Verknüpfung mit ihrem therapeutischen Alltag (Fallbeispiele oder Checklisten). Die Beiträge „Sprachtherapeutische Beratung unter Berücksichtigung kultureller Vielfalt und Translingualität“ sowie „Beratung trifft Online-Coaching trifft Logopädie […]“ verdeutlichen den Innovationsanspruch des Buches, da sie die Themen Migration und Digitalisierung/ Onlinetätigkeit aufgreifen, die gesellschaftspolitisch aktuell hohe Relevanz besitzen.

Im B-Teil folgen weitere fünf Beiträge, die den Blick auf Beratungssettings in konkreten logopädischen Arbeitsfeldern (z.B. Frühtherapie, LRS-Therapie, Videoarbeit) richten. Beim Lesen dieser Artikel werden erneut Aspekte aus den Grundlegungen des A- Teils aufgegriffen. So findet beispielsweise im Artikel von K. Hirsch zur „LRS- Therapie bei Kindern und Jugendlichen […]“ die LFST (Lösungsorientierte Sprachtherapie) Erwähnung, die in enger Verbindung zu den grundlegenden „Eckpunkten der systemisch ausgerichteten Beratungspraxis in der Logopädie“ von J. Steiner steht. Die Fokussierung der Beratungstätigkeit lässt bekannte Methoden wie die Videoarbeit/-analyse im Kontext der Sprachentwicklungstherapie noch einmal in einem anderen, einem stark ressourcen- orientierten Licht erscheinen.

Den Abschluss bildet der Artikel von G. Newesely im C-Teil zum Thema „Schriftliche Formen der Kooperation“, in dem er auf das Verfassen von Berichten und Gutachten eingeht und damit auch noch einmal die Schriftsprache und ihre Bedeutung im logopädischen Behandlungsprozess ins Visier nimmt.

Das Buch besticht von Anfang an durch eine klare inhaltliche Struktur, eine fachlich anspruchsvolle und trotzdem gut verständliche Sprache sowie durch konkrete Überträge allgemeiner Beratungsgrundsätze in das logopädische Handlungsfeld. Auch die formale Gestaltung unterstützt den Lesefluss durch gelegentliche Hervorhebungen sowie Tabellen und Abbildungen (tw. leider sehr klein abgedruckt), verzichtet aber auf ein Überladen mit Zusammenfassungen, Markierungen und Fettdrucken.

Absolut lesenswert für Therapeut*innen mit wenig, aber auch mit viel Beratungserfahrung sowie für Lehrende, die dabei helfen Gesprächskompetenzen von zukünftigen Logopäd*innen/ Sprachtherapeut*innen weiterzuentwickeln.

Rezensentin: Jana Post (Fachrichtung Logopädie am UKH Halle/Saale)

BDSL Logopädie

Lehren und Lernen mit Tutorials und Erklärvideos

Dorgerloh, S. und Wolf, K. (2020). Lehren und Lernen mit Tutorials und Erklärvideos. Beltz Verlag. 189 Seiten.

Heute, da Homeschooling, Social Distancing und Infektionsschutz unsere täglichen Begleiter sind, stehen die meisten Lehrenden und Lernenden vor enormen Herausforderungen hinsichtlich des zu bewältigenden Lehrstoffs unter drastisch veränderten Voraussetzungen. Spätestens jetzt müssen sie sich mit den Möglichkeiten, Herausforderungen und auch Grenzen der teils digitalen Unterrichtsgestaltung auseinandersetzen. Umso erfreulicher ist es zu erfahren, dass es bereits langjährig etablierte, erfolgreich angewendete und realisierbare Ideen und Konzepte für das Lehren und Lernen mit digitalen Unterrichtstools gibt. Und genau darum geht es in diesem Buch.

An dem vorliegenden Sammelband sind insgesamt 32 AutorInnen und 14 InterviewpartnerInnen, darunter u.a. Lehrende, Forschende sowie Erklärvideoproduzenten, beteiligt. Zusammen geben sie einen überregionalen und internationalen Einblick in die Thematik der Tutorials und Erklärvideos. Dabei ist es den Herausgebern gelungen, ein gleichbleibend hohes und homogenes Niveau zu etablieren. Interessant und hilfreich sind die vielen Verweise auf Internetseiten oder YouTube-Kanäle. Ein selbstständiges Weiterrecherchieren ist dadurch und durch entsprechend getätigte Quellenangaben problemlos möglich. Sehr gelungen ist der schlüssige Aufbau des Buches. Zu Beginn werden Begrifflichkeiten und Zusammenhänge erläutert und der Leser erhält einen Überblick über den Werdegang von Lehrfilmen. Ein fließender Übergang gelingt daraus zur Darstellung der aktuellen (Markt-)Situation im Bereich der Lehrfilme. Hier wird sowohl auf die Möglichkeiten als auch auf die Grenzen von YouTube-Kanälen, Plattformen mit professioneller Videoproduktion, die gegen Gebühr genutzt werden können, als auch auf die Erstellung eigener Videos eingegangen. Darüber hinaus wird Begleitmaterial vorgestellt und dessen Einsatzmöglich- und -notwendigkeiten genannt. Der Leser erhält Informationen über die notwendige Ausrüstung: Hardware (vom Einfachen zum Professionellen) sowie Software (oft frei verfügbar). Der Bezug zu Methodik und Didaktik steht stets im Mittelpunkt der Ausführungen. In vielen Beispielen wird die Nutzung für die Unterrichtsgestaltung beschrieben und der Nutzen, den Lehrende und Lernende aus der Arbeit mit digitalen Unterrichtstools ziehen können, dargestellt. Zur Veranschaulichung werden Tabellen und Abbildungen, z.T. auch Fotos, in schwarz/weiß genutzt. Herausforderungen im Zusammenhang mit der Arbeit mit Erklärvideos und Tutorials werden ebenfalls angesprochen – und zum Teil individuelle Lösungsmöglichkeiten beschrieben.

Alle AutorInnen verbindet, dass sie sich den Herausforderungen stellen, mit Kreativität, Energie und kritischem Blick an den Einsatz der digitalen Medien gehen und dadurch viele positive Rückmeldungen von Lernenden und KollegInnen erhalten. Da der Schwerpunkt der Berichte klar im Regelschulbereich liegt – es finden sich darüber hinaus einzelne Beiträge aus der Lehrerausbildung – wäre es interessant gewesen, auch die Erfahrungen von SchülerInnen bzw. von Eltern dargestellt zu bekommen.

Das Buch, inklusive E-Book inside, ist unabhängig von der aktuellen Situation absolut lesenswert. Nicht nur jeder Lehrende sollte sich mit der vorliegenden Thematik befassen. Da Tutorials und Erklärvideos als Tool verstanden werden sollen, kann jeder professionell tätige Dienstleister dieses individuell und kreativ für sich und seine Dienstleistungen einsetzen. Es macht Lust darauf und ermutigt, sich dem Thema Digitalisierung im professionellen Dienstleistungsbereich weiter zu öffnen und seine Chancen, wo immer es geht, zu nutzen.

Rezensentin: Melanie Hapke (Logopädin (M.Sc.) in Pulmologie, Neurologie und Geriatrie, Referentin und Prüfungsmitarbeiterin)

Lexikalische und semantische Störungen bei Aphasie

Stadie, N., Hanne, S. und Lorenz, A. (2019). Lexikalische und semantische Störungen bei Aphasie. Thieme Verlag. 240 Seiten.

Im Fachbuch „Lexikalische und semantische Störungen bei Aphasie“ von Stadie, Hanne & Lorenz (2019) stellen die Autorinnen entsprechend des Buchtitels den aktuellen Wissensstand ausgehend von den Symptomen und Einflussfaktoren, über Modellvorstellungen bis hin zu Diagnostik und Therapie dar.

Die Autorinnen haben dabei den Anspruch, Theorie und Praxis aktuell, wissenschaftsbasiert und praxisorientiert darzulegen. Dafür gehen sie auf verschiedene psycholinguistische Theorien ein und leiten daraus das praktische Vorgehen für die Diagnostik und die Therapie ab. Ihre Erklärungen sind in allen Kapiteln sehr deutlich und verständlich. Zusätzlich erleichtern Praxisbeispiele, schematische Darstellungen, tabellarische Übersichten, Querverweise und kurze Zusammenfassungen die Arbeit mit dem Buch. Der Aufbau des Buches ist sehr gut strukturiert, sodass man sich Schritt für Schritt in die Thematik einarbeiten kann oder anhand der prägnant gewählten Überschriften auch zügig zur gewünschten Stelle findet. Mir hat besonders der Therapieteil sehr gut gefallen. Die Autorinnen stellen hier nicht nur die evidenzbasierte Praxis (EBP) und die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) in den Mittelpunkt, sondern gehen auch auf die Notwendigkeit der Therapieevaluation ein. Hierfür empfehlen sie beispielsweise die SMART-Formel zur Erstellung und späteren Überprüfung von Therapiezielen. Bei den genannten therapeutischen Aufgaben, die sie aus Studien extrahiert haben, werden jeweils auch angenommene Wirkmechanismen, die aktuelle Evidenzlage sowie im Handel erhältliches Material angegeben. Zusätzlich erhält der Leser in übersichtlichen Praxisbeispielen mögliche Instruktionen, Beispiele, Hilfestellungen und Steigerungsmöglichkeiten.

Insgesamt haben die Autorinnen ein Fachbuch geschaffen, das Lust und Freude bereitet, sich mit der Thematik ausführlich auseinander zu setzen. Durch die hervorragende Struktur ist genau der richtige Tiefgang erreicht und auf Überflüssiges verzichtet worden. Ich kann dieses Fachbuch sowohl angehenden als auch berufserfahrenen Therapeuten empfehlen, denn es eignet sich gleichermaßen zur Aneignung, Auffrischung und Vertiefung des Wissens und somit als Studien- und Praxisbegleiter.

Rezensentin: Melanie Hapke (Logopädin (M.Sc.) in Pulmologie, Neurologie und Geriatrie, Referentin und Prüfungsmitarbeiterin

BDSL Logopädie

Neuropädiatrie für Sprachtherapeuten

Lücke, Thomas, Costard, Sylvia und Illsinger, Sabine (2017). Neuropädiatrie für Sprachtherapeuten. Elsevier Verlag. 304 Seiten und Online-Material.

Das Buch schließt eine Lücke in der Neurologischen Fachliteratur!
Ein interdisziplinäres Team von Expert*innen aus der Kinder- und Jugendmedizin, der klinischen Linguistik, Sprachheilpädagogik, der Phoniatrie, Pädaudiologie und Psychologie informiert fundiert über sprachtherapeutisch / logopädisch relevante Bereiche der Neuropädiatrie.
Das Buch vermittelt neben einer Einführung in die „Neuromedizin des Kindes- und Jugendalters“, Grundlagen zur physiologischen Entwicklung des Nervensystems und der Sprache sowie deren Störungen. Darauf aufbauend werden neuropädiatrische Störungsbilder und Erscheinungsformen erläutert. In der letzten Sektion wird ein Schwerpunkt auf besondere Aspekte der sprachtherapeutischen Diagnostik und Therapie im Rahmen der Neuropädiatrie gelegt.
Die einzelnen neurologischen Störungsbilder sind detailliert und verständlich beschrieben und mit vielen Referenzen belegt, sodass man leicht weiterführende Literatur findet. Das Layout ist sehr ansprechend und leserfreundlich. Viele Merkboxen, Illustrationen, Fallbeispiele und Fragen zur Wissensprüfung am Kapitelende erleichtern den Wissenserwerb. Am Ende des Buches findet man die Lösungen zu den Aufgaben und ein Glossar zu Fachbegriffen.
Über die einzelnen Kapitel hinweg wurden kontinuierlich Verknüpfungen zur sprachtherapeutischen Arbeit und zur physiologischen Sprachentwicklung vorgenommen. Beispielweise wurde die Darstellung von Komorbiditäten von Sprachentwicklungsstörungen durch eine tabellarische Übersicht über die altersgemäße Abfolge von Meilensteinen in der Sprachentwicklung ergänzt. Sehr erfreulich ist, dass aktuelle Diagnostikkriterien erläutert werden. In diesem Rahmen wird auch der Bezug von neuropädiatrischen Störungen zu sozio-kommunikativen Beeinträchtigungen und Pragmatikstörungen im DSM-V thematisiert wird. Es werden Verhaltensstörungen, neuromuskuläre neurometabolische und entzündliche Erkrankungen beschrieben. Auch Cerebralparesen und das im Kindes- und Jugendalter eher häufigere Störungsbild des Schädelhirntraumas werden behandelt. Bei der Darstellung von genetischen Erkrankungen wurden auch eher seltene Formen (z.B. wie das Pitt-Hopkins-Syndrom) berücksichtigt.
Im letzten Kapitel wird ausführlich auf besondere Aspekte der sprachtherapeutischen Diagnostik und Therapie eingegangen. Es werden u.a. Besonderheiten der pädaudiologischen Diagnostik oder der Therapie bei SSES im Rahmen von neuropädiatrischen Störungen sowie Aspekte der Sprachförderung von Kindern mit geistiger Behinderung erklärt. Den Ess-, Trink- und Fütterungsstörungen ist ebenfalls ein eigener Abschnitt gewidmet.
Zusammengefasst gibt das Buch einen umfassenden Eindruck in das sprachtherapeutische Handlungsfeld in der Neuropädiatrie.
Die Zielsetzungen des Buches fundierte Kenntnisse über die Hirnentwicklung und den Spracherwerb zu liefern und damit Grundlage für eine qualitativ hochwertige Sprachtherapie zu sein, ist dem Autorenteam sehr gelungen. Der Preis ist für die Fülle an Wissen zur Neuropädiatrie als günstig anzusehen.

Rezensentin: Dr. Julia Büttner-Kunert (LMU München, Studiengang Sprachtherapie)

BDSL Logopädie

Das FASD-Elternbuch

Kamphausen, U. und Leipholz, S. (2020). Das FASD-Elternbuch. Hilfen und Strategien für Eltern und Kinder. Schulz-Kirchner Verlag. 144 Seiten. ISBN: 978-3-8248-1263-9.

Wie im Untertitel angekündigt will das FASD-Elternbuch Hilfen und Strategien geben für Eltern und Kindern mit FASD. Es ist jedoch ein Gewinn für jeden im Gesundheitswesen Tätigen. Einerseits um mehr zu erfahren für den eigenen Umgang mit den Betroffenen. Andererseits um Anregungen geben zu können für den verständnisvollen Umgang innerhalb betroffener Familien. Oder um an entsprechende Fachstellen verweisen zu können. Zentral ist die Aussage, dass die Kinder sich wegen ihrer Beeinträchtigungen so verhalten, und nicht weil sie unerzogen sind.
Das Fetale Alkohol-Syndrom ist eine vorgeburtliche Schädigung durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft. Ein Kapitel handelt von dem Erstverdacht auf FASD bis hin zur Diagnose. Im weiteren werden die Symptome und Schwierigkeiten bei FASD ausführlich beschrieben. Denn wenn man einem FASD-Kind helfen und es begleiten will, dann ist der erste Schritt das Handicap FASD zu verstehen. Hervorgehoben wird, dass es eine FASD-gerechte Pädagogik benötigt mit anderen Strukturen und Hilfen als für gesunde Kinder. Denn bei gängiger, moderner Pädagogik vermehren sich die Probleme nur und die Kinder geraten in eine Abwärtsspirale aus Überforderung, Stress und scheitern. Neben einer Beschreibung des Verhaltens und dem sinnvollen Umgang damit nehmen deshalb Hinweise für Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten großen Raum ein. Dabei wird betont wie wichtig es ist, dass Eltern auch Entlastung finden in einem Unterstützerteam. Bauen Sie sich gezielt ein Unterstützerteam auf und pflegen Sie es bewusst. Denn es geht darum mit den alltäglichen Belastungen langfristig gut zurechtzukommen. Da es keine spezifische Therapie gibt müssen FASD-Kinder, ihre Kernfamilie und die erweiterte Familie gleichermaßen lernen mit der Behinderung FASD zu leben.
Insgesamt ein sehr lohnenswertes Buch!

Rezensent: Andreas Speth (Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie)

BDSL Logopädie

Testhandbuch Sprache in der Neurologie

Beushausen, U. und Grötzbach, H. (2019). Testhandbuch Sprache in der Neurologie. Diagnostikverfahren in Logopädie und Sprachtherapie. Schulz-Kirchner Verlag. 2. Auflage mit 256 Seiten.

Die erste Auflage des Testhandbuches ist bereits 2007 im Hans Huber Verlag erschienen, die vorliegende völlig neu bearbeitete zweite Auflage wurde 2019 beim Schulz-Kirchner-Verlag aufgelegt. Das Testhandbuch ist laut Beushausen/Grötzbach aus Besprechungen sprachtherapeutischer Tests von Studierenden der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim heraus entstanden.
Laut Autorinnen wurden in das Buch alle verfügbaren deutschsprachigen Tests zur Sprachtherapie aufgenommen (Stand März /2019). Dem entsprechend breit gefächert ist die Art der besprochenen Verfahren, die von Angehörigenfragebögen zur Kommunikationsfähigkeit bei Aphasie über komplette Testbatterien zur Pragmatik (Protocole MEC) bis hin zu Aspirationsschnelltests reichen. Zielsetzung des Testhandbuches ist es, als Nachschlagewerk zu dienen und einen Überblick über die wichtigsten deutschsprachigen Testverfahren zu neurologisch bedingten Sprach-, Sprech-, Stimm-, und Schluckstörungen zu geben. Das Testhandbuch umfasst die Besprechung von 35 Diagnostikverfahren zu den genannten Störungsbildern. Die Beiträge zu den einzelnen Tests sind strukturiert aufgebaut nach Testart, Geltungsbereich, Testmaterial, Testaufbau, Grundkonzept, Manual, Durchführung, Auswertung und Gütekriterien. Zusätzlich gibt es zu jeder Testbesprechung einen Kommentar, eine tabellarische Übersicht zu Vor- und Nachteilen des Tests, die Literaturangaben sowie die Nennung der jeweiligen Verfasserinnen. Das Testhandbuch bietet somit einen schnellen Überblick über die derzeit verfügbaren logopädischen und sprachtherapeutischen Diagnostikverfahren in der Neurologie. Durch die didaktisch gut gestalteten Beiträge erschließen sich schnell die Möglichkeiten und Grenzen eines besprochenen Diagnostikverfahrens. Bei der Nennung der Vor- und Nachteile fällt auf, dass nur bei manchen Tests die Größe der Normierungsstichprobe berücksichtigt wurde. Zudem wurden die Vorgaben bei den unterschiedlichen Tests in Bezug auf die Kritik bzw. in der tabellarischen Übersicht zu den Vor- und Nachteilen nicht immer einheitlich umgesetzt wurden. So wird bei manchen Tests bemängelt, dass nicht klar sei, für welche Ätiologie diese entwickelt wurden, während z.B. bei einem Testverfahren für Dysarthrie dies nicht thematisiert wird. Sehr praxisrelevant sind auch die Zeitangaben zu Testdauer und -auswertung. Hier verdeutlicht es sich, dass diese nach Ausrichtung der Fragestellung wenige Minuten (3-Ounce-Water-Swallow-Test) bis mehr als eine Stunde (z.B. Protocole MEC) beanspruchen können. Im einführenden Teil des Buches wurden Literaturangaben zur Teststatistik und -theorie sehr sparsam vorgenommen (S. 35-56). Auch wenn dies der Zielsetzung geschuldet sein sollte, ein möglichst verständliches Buch über Testtheorie und Testkonstruktion zu schreiben, wären mehr Referenzen angemessen. Da die Zielgruppe laut Autorinnen ja Praktikerinnen mit grundlegenden Kenntnissen in der Testtheorie/-konstruktion sind, wäre für diese die Nennung der verwendeten Quellen bzw. weiterführende Literatur in diesem Kapitel durchaus interessant und gewinnbringend.
Insgesamt ist das Testhandbuch eine lohnende Anschaffung, da es das einzige Werk dieser Art auf dem deutschsprachigen Markt ist und einen guten und verständlichen Überblick über verfügbare Diagnostikverfahren gibt. Der Preis für das Testhandbuch, das eine Fülle von Informationen für die sprachtherapeutische Diagnostik bietet, ist als günstig anzusehen.

Rezensentin: Dr. Julia Büttner-Kunert (LMU München, Studiengang Sprachtherapie)

Kiefergelenk und Kaustörungen

Motzko, M., Weinert, M. und Albrecht, U. (2019). Kiefergelenk und Kaustörungen. Ein multidisziplinäres Praxisbuch. Springer Verlag. 193 Seiten.

In Zeiten, in denen manuelle Behandlungsansätze fachübergreifend gelehrt und evidenzbasierte Therapien gefordert werden, sind Fachbücher mit multidisziplinärem Ansatz von größtem Interesse. Das hier vorliegende eBook „Kiefergelenk und Kaustörung. Ein multidisziplinäres Praxisbuch.“, herausgegeben von Manuela Motzko, Melanie Weinert und Ulrike Albrecht (2019) vereint Beiträge von insgesamt elf Autorinnen und Autoren aus Zahnmedizin, Pflegeforschung, Physiotherapie, Osteopathie sowie Sprachtherapie. Auf insgesamt 193 Seiten wird in fünf Kapiteln auf die Entwicklung des Kauens, die Anatomie der am Kauen beteiligten Strukturen, deren funktionale Zusammenhänge, Pathologien und Funktionseinschränkungen sowie auf therapeutische Interventionsmaßnahmen eingegangen. Den Abschluss bildet ein Sachverzeichnis.
Den Herausgeberinnen war es ein Anliegen, „einen breiten Blick in die unterschiedlichen therapeutischen Maßnahmen“ (S. 5) zu geben, um eine fachübergreifende Behandlung von Patienten mit Kiefergelenks- und Kaustörungen anzuregen. Die unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen der Autorinnen und Autoren ermöglichen einen ganzheitlichen Überblick. Dieser umfasst einerseits Grundlagen in diesem speziellen Bereich und zeigt andererseits auch mögliche Probleme durch beispielsweise Alterungsprozesse, kieferorthopädische Behandlungen oder Stress, um nur einige zu nennen, auf. Zur Veranschaulichung werden Abbildungen in Form von Schemata und Fotos genutzt. Allerdings erscheinen diese häufig erst deutlich weiter hinter der Erwähnung im Text, wodurch sich ihr Nutzen reduziert. Tabellen dienen der übersichtlichen Zusammenfassung, z.B. im Bereich der Anamneseerhebung und zur Auflistung der Interventionsmaßnahmen. Am Ende der einzelnen Kapitel werden weiterführende Literaturangaben gemacht.
Aus therapeutischer Sicht sind meines Erachtens die ersten vier Kapitel sehr interessant, da hier die Thematik umfangreich, anspruchsvoll und aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln beleuchtet wird. Wünschenswert wäre hier jedoch, wenn es eine Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Autorinnen und Autoren gäbe. So sprechen sich die einen ausdrücklich für die Begrifflichkeit „Zunge in Schwebe“ aus und begründen nachvollziehbar, warum „Zunge am Platz“ bei Patienten unerwünschte Effekte hervorrufen kann. An anderer Stelle liest man dann wieder von der alt bekannten „Zungenruhelage“. Das letzte und damit fünfte Kapitel empfand ich zudem als sehr heterogen. Zu Beginn erfährt man sehr viel über das physiotherapeutische Behandlungsspektrum im Allgemeinen, jedoch fehlt mir hier überwiegend der konkrete Bezug zur Thematik. Wahrscheinlich könnte man diese Abhandlung auch in einem anderen Fachbuch mit anderer Thematik ganz ähnlich abdrucken. Anschließend wird auf das Konzept der Basalen Stimulation eingegangen, wobei ich hier vor allem den Schreibstil (z.B. „wir“, „uns“) und den Aufbau als verbesserungsfähig empfinde. Zwar illustrieren die Autoren diesen Bereich mit Patientenbeispielen, dies allerdings in einer etwas unübersichtlichen, sprunghaften Art und Weise. Diesem Abschnitt folgt der Fachbereich Logopädie. Hier geben sich die Autorinnen große Mühe, Übungen konkret zu verschriftlichen. Leider fehlen in dieser Sammlung sämtliche wissenschaftlichen Belege zur Wirksamkeit der aufgeführten Maßnahmen. Der Auflistung möglicher Behandlungskonzepte fehlen ebenso die Quellenangaben. Zudem werden keine Bezugsquellen oder Herstellerangaben für die einzelnen, vorgeschlagenen Therapiematerialien gemacht. Wer sich dafür interessiert, muss selber recherchieren. Der Bereich des K-Tapings beginnt wie der Bereich Physiotherapie sehr allgemein mit Erklärungen über das K-Taping an sich. Hier wird im Verlauf jedoch spezifischer auf die Behandlungsmöglichkeiten bei Kiefergelenks- und Kauproblematiken eingegangen. Evidenzen fehlen auch hier. Abschließend erfolgt eine Vorstellung verschiedener Schienen und der daraus resultierenden zahnmedizinischen Behandlung. Dies stellt aus meiner Sicht einen kleinen Höhepunkt in diesem Kapitel dar.
Obwohl durch das Buch die fachübergreifende Zusammenarbeit angeregt werden soll, finden sich nur in ganz wenigen Abschnitten Hinweise für derlei Möglichkeiten bzw. werden Grenzen des eigenen Fachbereichs genannt. Vorbildlich sind hierbei vor allem die Sprachtherapeutinnen. Ein fachübergreifend diskutiertes Patientenbeispiel oder eine solche Behandlungsplanung wäre sehr interessant gewesen und hätte das Buch hervorragend abgerundet.
Zu kritisieren sind die oftmals fehlenden Quellenangaben im Text, wobei dies auf einige Autorinnen und Autoren bzw. Kapitel mehr zutrifft als auf andere. Da auch Ärzte und Krankenkassenvertreter zunehmend die Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen hinterfragen, empfinde ich dieses Fehlen als absoluten Mangel, der in einem neu erschienenen Fachbuch nicht vorkommen sollte. Da hilft es auch nicht, als Quelle oder weiterführende Literatur am Kapitelende ein paar in die Jahre gekommene Übersichtswerke aufzulisten. Beim aufmerksamen Lesen fallen zudem noch viele Flüchtigkeitsfehler auf: fehlende Buchstaben, falsch benannte Abbildungen, Deklinationsfehler usw. Diese Flüchtigkeitsfehler ziehen sich leider durch viele Teile des Buches und lassen dadurch eine gewisse Sorgfalt vermissen. Das ist schade für all jene Autorinnen und Autoren, die diesem Buch einen wunderbaren, sorgfältig verfassten Beitrag beigesteuert haben.
Hinsichtlich einer Lese- oder Kaufempfehlung bin ich daher geteilter Meinung. Das Buch hat durchaus ein sehr großes Potenzial, weil es inhaltlich überwiegend lesenswert und lehrreich ist. Allerdings würde ich mir eine Überarbeitung und Ergänzung dringend wünschen.

Rezensentin: Melanie Hapke (Logopädin (M.Sc.) in Pulmologie, Neurologie und Geriatrie, Referentin und Prüfungsmitarbeiterin)

Kiefergelenk und Kaustörungen