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Kindliche Hörstörungen in der Logopädie

Bianca Wachtlin, Andrea Bohnert (2018): Kindliche Hörstörungen in der Logopädie, Georg Thieme Verlag KG

Ein Buch, das bemerkenswert umfassend zu mehr als der sprachlichen Seite einer kindlichen Hörstörung informiert und zur Logopädie und Beratung von Eltern hinführt. Besonders das Thema Implantatversorgung und logopädische Therapie bietet wertvolles Wissen zu einem Gebiet, das in manchen Therapiepraxen nur einen geringen Teil der Patienten betrifft.
Wer ein Buch sucht, das zu verschiedenen Aspekten der Behandlung kindlicher Hörschädigung informiert, wird hier in beeindruckender Form fündig.Der Inhalt bietet nach Anatomie und Physiologie des Hörens sowie der Darstellung der Sprachentwicklung im hörgeschädigten Kontext viel weiteres Wissen. Hervorzuheben ist dabei die Beschreibung aktueller audiologischer Diagnostik, der Hörgeräte/-Implantatversorgung und ebenso ein Überblick über geeignete logopädische Tests.
Das Erfahrungs- und Fachwissen der Autorinnen aus den zwei Disziplinen Audiologie und Logopädie bietet Fachlesern sowie interessierten Eltern Informationen zu folgenden Themen: Versorgung mit Hörsystemen, verschiedene Hörgerätetypen, Implantatsysteme, sowie deren Anpassung durch Hörgeräteakustiker oder Audiologen; mehrere logopädische Therapieansätze zur Behandlung kindlicher Hörstörungen und orientierende Angaben zu dem Zusammenhang der Hörgeräte- bzw. Implantatversorgung und der auf Erfahrung basierenden zu erwartenden sprachlichen Entwicklung.
Positiv ist für mich die gute Gliederung, die schnelles Nachschlagen zu einzelnen Themen nachträglich erleichtert. Sinnvoll ist der Hinweis auf die Vielfalt der technischen Systeme bei Implantatversorgung, ratsuchende Eltern können so informierter die Entscheidung über die Hörqualität ihres Kindes treffen.Praxisorientiert sind die Fallbeispiele zu günstigem und ungünstigem Umgang mit Hörgeräten, sowie Fallbeispiele zu sprachlichen Störungsbildern.
Angesichts der Häufigkeit von kindlichen Hörschädigungen ist es wichtig, Eltern und Kinder nicht nur gut logopädisch behandeln zu können, sondern eine Beratung der Eltern und die Anregung zu fachlichem Austausch mit den benachbarten Fachleuten ist von Bedeutung.Den Autorinnen ist es ein Anliegen, vielfältig über die technische sowie logopädische Entwicklung zu informieren, damit wirkungsvolle kindliche Therapie und individuelle technische Ausstattung erfolgen können.

Lisa Richemeier (Logopädin mit verschiedenen Tätigkeitsschwerpunkten in freien Praxen)

Sprachtherapie mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen

Häußinger, C. (2016): Sprachtherapie mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen – Die Wort-S(ch)atz-Lupe. 1. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH. 156 Seiten, 49,99 €.
Mit ihrem Buch „Sprachtherapie mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen“ bietet die Autorin eine verständliche Einführung in die semantisch-lexikalische Therapie bei hörgeschädigten Kindern im Vorschul- und Schulalter. In fünf umfassenden Kapiteln werden der physiologische Spracherwerb, Sprachentwicklungsstörungen und –verzögerungen, Diagnostik und Therapie semantisch-lexikalischer Störungen und die Methode der Wort-S(ch)atz-Lupe dargestellt. In den ersten beiden Kapiteln wird mit Blick auf das im weiteren Verlauf vorgestellte Therapiekonzept verständlich auf die allgemeinen Grundlagen von Semantik und Lexikon eingegangen. Dargestellt werden mögliche Einflussfaktoren, Ursachen und Auswirkungen von Sprachentwicklungsstörungen und –verzögerungen auf die Lautsprachentwicklung. Im Kapitel Anamnese und Sprachdiagnostik findet der Leser sowohl eine Auflistung aktueller, normierter Diagnostikverfahren als auch für die Praxis hilfreiche Erläuterungen zu deren Anwendung und besonderen Interpretation bei hörgeschädigten Kindern. Ein eigener Anamnesebogen mit 16 Fragen zu den Bereichen Hörschädigung, Familie und soziales Umfeld und Ressourcen des Kindes ergänzt das Kapitel stimmig.Der Hauptteil des Buches stellt das Konzept der Wort-S(ch)atz-Lupe vor. Zu Beginn des Kapitels werden Rahmenbedingungen und allgemeine Prinzipien beschrieben und anwendungsorientiert erläutert. Im Anschluss wird die eigentliche Methode vorgestellt. Die Themen und Materialien werden nicht nur theoretisch beschrieben, sondern durch anschauliche Erläuterungen, die eine Anwendung der Methode erleichtern, untermauert. Die Darstellung von Fallbespielen kombinieren die theoretisch erlernten Inhalte mit Erfahrungen aus der eigenen therapeutischen Praxis. Zu dem vorgestellten Therapieansatz liegen leider bisher keine ausreichenden Evidenzen vor. Das gesamte Bildmaterial zu den Therapiebausteinen ist als Kopiervorlage am Ende des Buches zu finden.Insgesamt bietet das Buch einen soliden Überblick über die Grundlagen zum Spracherwerb bei hörgeschädigten Kindern und ermöglicht es dem Leser auf leichtem Weg, auch ohne spezielles Vorwissen, sich vor dem Hintergrund aktueller Fragenstellungen, in die Methodik der semantisch-lexikalischen Sprachtherapie einzufinden und diese anzuwenden.

Vertr.Prof.in Dr. phil. Vanessa HoffmannStudiengangsleitung Health Care Studies Fachbereich Gesundheit und Pflege

Geschichten mit Lauthäufung

Baumgarten, T. (2015): Geschichten mit Lauthäufung – Material für Therapeuten und Lehrer für das Hörtraining mit Vorschul- und Grundschulkindern. Dortmund: Verlag modernes Lernen (152 Seiten, Kopiervorlagen, teilweise 2-farbig, Format DIN A4, Ringbindung. 22,95 Euro).

Die Textsammlung “Geschichten mit Lauthäufung” von Tanja Baumgarten bietet eine umfangreiche und übersichtlich gegliederte Sammlung von Erzählungen zum Einsatz in der logopädischen Therapie. Hierbei werden die häufigsten Laute und Lautkombinationen der phonetischen und phonologischen Therapie in der Kindersprache in 11 Kapiteln aufgegriffen und Texte unterschiedlicher Länge und Schwierigkeit angeboten. Das Buch beginnt mit einer sehr persönlichen Einleitung der Autorin, in der die Motivation zur Erstellung der Textsammlung schön herausgestellt wird. Tanja Baumgarten nennt typische Situationen aus der logopädischen Praxis, die sehr nah am realen Berufsalltag der LogopädInnen sind und präsentiert das Buch dabei als das, was es wirklich sein kann – ein Praxishelfer zur unkomplizierten Therapievorbereitung. Die Autorin berichtet hierbei vor allem aus ihrer persönlichen Erfahrung und auch die „Tipps und Hinweise zum Hörtraining“ scheinen ihrer eigenen Praxis entwachsen zu sein. Alle Hinweise erscheinen sinnvoll und sehr gut umsetzbar, allerdings hätte ich mir an dieser Stelle ein paar Ausführungen und Literaturbelege zur Wirksamkeit und korrekten Vorgehensweise im Bereich Hörtraining/auditive Wahrnehmung gewünscht. Das Buch richtet sich sowohl an TherapeutInnen als auch an LehrerInnen, allerdings kann ein fachlich korrektes und spezifisches Hörtraining ausschließlich mit den im Buch genannten Hinweisen vermutlich nicht durchgeführt werden. Für bereits versierte Personen in der Durchführung dieser Übungsform kann die Einführung jedoch eine gute Auffrischung und Zusammenfassung darstellen.Den Kern des Buches bilden nun 11 Kapitel mit Texten zu Lauten, die phonetisch oder phonologisch häufig mit Kindern erarbeitet werden. Jedes Kapitel beginnt mit der Übersicht, in welchen Lautkombinationen und Wortpositionen der jeweilige Laut auftritt, was zum schnellen Nachschlagen sehr hilfreich sein kann. Die Geschichten sind nach Schwierigkeitsgrad geordnet und in einem Übersichtsbogen wird grob angegeben, für welche Kinder die Texte geeignet erscheinen. Jeder Text ist in zwei Versionen abgedruckt: einmal als Arbeits- oder Textblatt, das für Kinder ansprechend mit kleinen Zeichnungen verziert ist, und einmal als Version für die TherapeutIn, in der die Ziellaute farbig hervorgehoben sind. Dies erleichtert die Vorbereitung der Therapie enorm, da so der geeignete Text nur aus dem Regal gezogen werden muss und die Überbetonung der Laute für die SprachtherapeutIn sehr vereinfacht wird. Auch die Kontrolle der korrekt identifizierten Laute kann durch die angegebene Häufigkeit leicht überprüft werden. Die Inhalte der Texte sind ansprechend und in der Regel geschlechtsneutral gestaltet. Es werden zwar einige spezifische Übungsideen in der Einleitung gegeben, allerdings erscheint diese Textsammlung auch darüber hinaus in vielen logopädischen Kontexten und Zielbereichen sinnvoll einsetzbar.
Fazit: Eine gut durchdachte und aufmerksam gestaltete Textsammlung aus der Praxis für die Praxis, die in vielen logopädischen Therapien im Bereich Kindersprache eine Bereicherung darstellt.

Isabel Neitzel (Lehrlogopädin, IB Medizinische Akademie, Köln)

Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern

Batliner, G. (2013): Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern. 3. vollst. überarb. Aufl., München/ Basel: Ernst-Reinhardt Verlag.

Auch in der 3. vollständig überarbeiteten Auflage ihres Buches „Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern“ wendet sich die berufserfahrene Hörgeschädigtenpädagogin Gisela Batliner an die Eltern von Kindern mit Hörstörungen bis zum Vorschulalter. Als Vertreterin des Natürlichen Hörgerichteten Ansatzes trägt sie somit der Überzeugung Rechnung, dass diese Kinder vor allem „mehr vom Normalen“ (zit. nach Clark 2009) brauchen und dem häuslichen Umfeld eine große Rolle in der Förderung der Hör- und Sprachfähigkeiten zukommt. In diesem Zusammenhang betrachtet sie die logopädische Behandlung im Sinne einer expliziten (künstlichen) Übungssituation besonders von kleinen Kindern kritisch und favorisiert eine (häusliche) Frühfördersituation, die den Lebenskontext des jeweiligen Kindes konkret einbezieht und den Eltern beratend zur Seite steht.Auf 206 Seiten informiert sie in insgesamt 10 Kapiteln logisch gegliedert über die Themen: Diagnostik und Hörtechnik; Spracherwerb allgemein; Entwicklungsschritte auf den verschiedenen sprachlichen Ebenen; Förderung im Alltag und im Spiel; Einsatz von Liedern, Versen, Bilderbüchern etc. sowie über die Rolle der Frühförderung und den Einsatz von Schrift als spezifische Methode. Neben Schaukästen mit Beispielen und Tipps steigert die graphische Hervorhebung wichtiger Informationen die Übersichtlichkeit des Buches und unterstütz somit den bewusst einfach gehaltenen, auf leichte Verständlichkeit ausgerichteten Schreibstil. Die Autorin verweist immer wieder auf die Individualität jedes Kindes und somit jedes Entwicklungsverlaufes. Dies, gepaart mit alltagsnahen und –relevanten Lernsituationen, nimmt dem Leser den Druck, dass besonders „viel“ notwendig sei um gute Entwicklungsergebnisse zu erzielen, vielmehr liege der Fokus immer wieder darauf eine natürliche Hör- und Sprachumgebung zu schaffen.Im Serviceteil am Ende des Buches findet der Leser neben den Erklärungen der verwendeten Fachbegriffe auch Empfehlungen für Fach- und Bilderbücher, Spiele sowie Austauschforen.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es der Autorin gelingt wichtige theoretische Inhalte rund um die Diagnose „kindliche Hörstörung“ systematisch und verständlich zu vermitteln. Gleichzeitig liefert sie vor allem in der zweiten Hälfte des Buches eine Vielzahl an praktischen Anregungen für alltagsrelevante Spielideen, hörförderliche Materialien oder auch adäquate hör- und sprachfördernde Verhaltensweisen. Eltern erhalten somit gute Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Erkrankung ihres Kindes sowie Ideen zum alltäglichen Umgang. Aber auch für Logopäden kann die Lektüre bereichernd sein, zum einen, weil sie wichtige Aspekte übersichtlich und für die Weitergabe an Eltern bereits verständlich darstellt, zum anderen, weil die Fokussierung des Natürlichen in einer „potentiell künstlichen Praxistherapiesituation“ von enormer Bedeutung für die Effektivität der Behandlung ist.

Jana Post (Logopädin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin)Lehrende der Fachrichtung Logopädie des Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe am Universitätsklinikum Halle/ S.