Grötzbach, H. und Spitzer, L. (2023). Verschüttete Wörter – Aphasie. Verstehen und behandeln. Springer Verlag. 1. Auflage mit 193 Seiten. ISBN: 978-3-662-66412-4.
Die störungsspezifisch aufgestellte Autorenschaft stellt sehr gut die sprachtherapeutische Situation von Patientinnen und Patienten mit Aphasie für eine Leserschaft dar, die sich als Berufsanfängerinnen und -anfänger entweder neu in die komplexe Thematik einlesen möchte oder ein differenziertes Update wünscht.
Zunächst werden gezielt und anschaulich die unterschiedlichen Sichtweisen aus der Perspektive von Patienten wie Angehörigen miteinbezogen genauso wie die Rolle von Therapeuten und Kostenträgern fokussiert.
Im zweiten Kapitel gehen die beiden Autoren anfangs auf die Lokalisation des Störungsbildes ein, wobei sie historische Bezüge zu therapeutisch relevanten Persönlichkeiten in ihre Ausführungen sehr gut integrieren. Später folgen verständliche und detaillierte Erläuterungen zu aphasischen Ursachen und Symptomen. Sie beziehen weiterhin die Aphasie-Standardsyndrome ein, wobei diese bereits selbst als „historisch“ diskutiert werden (Grande, 2007; Grohnfeldt, 2006; de Lange, 2024). Ferner führen sie umfassend differentialdiagnostische Störungsbilder sowie sprachtherapeutische Begleitstörungen aus, deren Berücksichtigung während der logopädischen Intervention wesentlich zu einer gelungenen Therapie beitragen. Auch gehen die Autoren in diesem Kapitel auf wichtige Arbeitsstrukturen im rehabilitativen Kontext wie die multi-, inter- und transdisziplinären Kooperationen ein. Außerdem werden Prädiktoren für sprachliche Fortschritte und insgesamt die Prognose bei Aphasie aktuell und übersichtlich dargestellt.
Die Diagnostik der Aphasie gliedern die Autoren hinsichtlich orientierender und aktueller standardisierter Diagnostiken zur Erfassung sprachlicher Leistungen auf, wobei sie transparent Vor- und Nachteile beleuchten und einzelne Testungen eingehend beschreiben. Zudem gehen sie auch detailliert auf die Diagnostik von Begleitstörungen bei Aphasie und die Dokumentation gesammelter Diagnostikergebnisse ein.
Im Kapitel über Aphasietherapie wird zunächst die Schlaganfall-Leitlinie aktuell und sehr fachpraktisch orientiert vorgestellt. Im weiteren Verlauf erläutern die Autoren sehr anschaulich die Therapiefaktoren Shaping, Repetition und evidenzbasierte Methoden und mit vielen Beispielen. Diverse aktuelle evidenzbasierte Therapiekonzepte wie MIT, CIAT, ESKOPA-TM, SFA, PCA, VNeST, PACE sowie RET werden teilweise ausführlich dargestellt. Einen weiteren fachpraktischen Fokus bieten die Autoren mit der Therapie automatisierter sprachlicher Elemente an. Hier stellen sie praktische Methoden der Hemmung spontansprachlicher Symptome vor. Auch findet die Therapie von Exekutivfunktionen mit fachpraktischen Anleitungen bei leichten bis schweren aphasischen Verläufen Erwähnung. Aus meiner Sicht ist dies ein wesentlicher Baustein, um generell logopädisch erfolgreich arbeiten zu können.
Im letzten Kapitel gehen die Autoren strukturiert und detailreich auf die Evaluation des Therapieprozesses ein. Neben der allgemein verständlichen Darstellung der Methodik zur Evaluation kommen sie ausführlich und aktuell auf die Evidenzbasierte Praxis (EBP) zu sprechen sowie auf ihre Wirkmechanismen in der Fachpraxis. Sie diskutieren außerdem die Möglichkeiten und Grenzen der EBP sowie aktuelle Herausforderungen der Aphasietherapie strukturiert und anhand der aktuellen Studienlage.
Insgesamt entsteht ein gelungener fachspezifischer, kurzweiliger, detailreicher Überblicksband zu allen relevanten Themen rund um die Aphasie.
Rezensentin: Dr. Angela de Sunda (Akademische Sprachtherapeutin aus der Berufsfachschule für Logopädie in Würzburg)