Marc Schmidt (2014): Sprachtherapie mit mehrsprachigen Kindern. Ernst Reihhardt Verlag, München; Preis: 29,90€
Dieses Buch erschien in der Reihe „Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik“ des Ernst-Reinhardt-Verlages und tatsächlich ist es ein praxistaugliches Werk zur Unterstützung der logopädischen Behandlung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache. Die theoretischen Grundlagen und Fachbegriffe zum mehrsprachigen Spracherwerb werden zu Beginn nur überblicksartig behandelt. Eigentliches Ziel des Buches ist die Darstellung eines vom Autor entwickelten Therapieansatzes für diesen Bereich.Basis dessen ist das Konzept der Kontextoptimierung bei syntaktisch-morphologischen Störungen von Hans-Joachim Motsch. Auch Schmidt sieht die Hauptaufgabe der Sprachtherapie mehrsprachiger Kinder in der Anbahnung der wichtigen Meilensteine der Grammatikentwicklung wie Subjekt-Verb-Kongruenz und Verb-Zweitstellung im Hauptsatz sowie Kasusmarkierung und Nebensatzbildung mit Verbendstellung. Er erarbeitete dafür seine Methode der „Kontrastoptimierung“, bei der die syntaktisch-morphologischen Besonderheiten der Muttersprache der Kinder aktiv einbezogen und denen der deutschen Sprache gegenübergestellt werden. Mithilfe selbst erarbeiteter Schaubilder, Satzvergleiche, Spiele und Übungen wird den Kindern damit der Kontrast zwischen beiden Grammatiken bewusst gemacht. Die Vorgehensweise ist dabei sehr strukturiert und im Buch auch gut verständlich dargestellt, erfordert vom Kind jedoch eine gewisse metasprachliche Bewusstheit, was die Anwendungsmöglichkeiten bei jüngeren Kindern meiner Meinung nach einschränkt.Damit die „Kontrastoptimierung“ auch von TherapeutInnen angewendet werden kann, die keine Kenntnisse über die Muttersprache ihrer Patientenkinder haben, analysiert Marc Schmidt im 2. Kapitel seines Buches sehr ausführlich und hochinteressant die Grammatiken der romanischen Sprachen Französisch und Portugiesisch, der slawischen Sprachen Russisch und Polnisch sowie des Türkischen und stellt diese beispielhaft der deutschen Grammatik gegenüber. Hier bekommt man eine wichtige Quelle von Wissen zur Verfügung gestellt, die die Therapie mit mehrsprachig aufwachsenden SSES-Kindern unglaublich bereichert. Einziger Nachteil des Ganzen sind all die anderen Sprachen, mit denen wir im therapeutischen Alltag konfrontiert sind und die im Buch nicht analysiert werden konnten. Eine Gegenüberstellung der Regeln des Deutschen mit einer der TherapeutIn unbekannten Sprache (der Rezensentin begegnete Sprachen waren z.B. Vietnamesisch, Chinesisch und Arabisch) ist eigentlich nicht möglich und verhindert damit die Anwendung der Therapiemethode.Da der Schwerpunkt des Buches auf der Therapie grammatischer Probleme beim Zweitspracherwerb liegt, werden phonologische und semantisch-lexikalische Therapieinhalte nur wenig behandelt. Diese stellen die TherapeutInnen jedoch erfahrungsgemäß auch vor deutlich weniger Schwierigkeiten.Erwähnt sei noch ein sehr wertvolles Kapitel, welches sich an Eltern, Lehrer und Erzieher mehrsprachig aufwachsender Kinder richtet und sehr ausführliche und nützliche Hinweise zum Sprachlehrverhalten und für die Sprachförderung bietet.Insgesamt ein sehr verständliches und nutzbringendes Werk über einen hochinteressanten Therapieansatz, den man für Kinder mit den im Buch dargestellten Muttersprachen gut anwenden kann.
Uta Baum, UKH