MuSE-Pro – Überprüfung grammatischer Fähigkeiten bei 5- bis 8-jährigen Kindern

Berg, Margit (2015): MuSE-Pro – Überprüfung grammatischer Fähigkeiten bei 5- bis 8-jährigen Kindern. München: Ernst-Reinhardt-Verlag. DIN A4. Mit Begleitmaterial: ca. 6 farbige, laminierte Bildkarten und Box mit ca. 8 Schachteln. 26 Seiten. ca. € [D] 49,90

Mit dem Material „MuSE-Pro“ (Morphologische und Syntaktische Entwicklung – Produktion) wird ein Verfahren zur Überprüfung der grammatischen Fähigkeit von 5 bis 8jährigen Kindern vorgestellt, welches in einer Durchführungsdauer von 15 Minuten etwa 50 Äußerungen des Patienten evozieren soll. Das Verfahren wurde im Rahmen einer Kooperation der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Universität Leipzig entwickelt und im wissenschaftlichen Kontext verwendet. Zudem wird angegeben, die Verbesserung des Verfahrens sei durch Sonderpädagogen an Schulen mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Baden-Württemberg unterstützt worden.Der für das Manual zusammengestellte Überblick bestehender Diagnostikverfahren für den grammatischen Bereich sowie die Beschreibung des grammatischen Erwerbs sind für eine schnelle Orientierung hilfreich und geben eine gute fachliche Einführung. Da das Manual insgesamt recht kurz gehalten ist, sind die Prinzipien und theoretischen Hintergründe einer Diagnostik mit dem Schwerpunkt Morphologie-Syntax für einen Leser ohne weiterführende Kenntnisse jedoch vermutlich nur bedingt nachvollziehbar. Die Durchführung des Verfahrens ist im Manual sehr verständlich beschrieben und durch eine große Grafik (S. 13-14) ansprechend visualisiert worden. Sowohl das zu verwendende Material als auch die Formulierungen zur Durchführung und/oder Evozierung werden genannt und gut erklärt. Durch die direkte Protokollierung auf dem Auswertungsbogen kann in der Nachbereitung der Therapie sicherlich Zeit gespart werden. Die Bögen sind übersichtlich gestaltet und referieren deutlich auf das verwendete Material, unterscheiden jedoch ausschließlich zwischen „korrekten“ und „nicht korrekten“ Äußerungen. Das Feld zum Eintragen nicht korrekter Äußerungen erlaubt zwar stichwortartige Notizen, jedoch ist für die Mitschrift längerer fehlerhafter Sätze des Patienten nicht ausreichend Platz vorhanden. Das Verfahren stützt sich auf die quantitative Auswertung. Korrekt produzierte Äußerungen werden gezählt und in einen prozentualen Anteil umgewandelt (Bsp. Bereich Kasus I: 30% korrekt). Eine qualitative Analyse, welche Fehlbildungen vorhanden sind, müsste durch den behandelten Therapeuten jedoch zusätzlich durchgeführt werden. Für die Einschätzung der produktiven Leistung im Rahmen einer einmaligen Untersuchung oder einer Verlaufskontrolle erscheint das Verfahren als gut geeignet – für die Therapieableitung werden jedoch sicherlich weiterführende Einschätzungen benötigt. Die Interpretation der Testergebnisse wird auf zwei Seiten dargestellt. Ein wenig Übung und die sichere Kenntnis des kindlichen Grammatikerwerbs ist für den Auswerter jedoch sicherlich Voraussetzung, um die Testergebnisse gewinnbringend zu interpretieren.Das mitgelieferte Material ist sehr ansprechend und geschlechterneutral gestaltet. Die Abbildungen sind kindgerecht und hübsch koloriert. Die Hundegeschichte, welche u.a. zur Produktion von Nebensatzstrukturen dient, ist hierbei besonders positiv hervorzuheben. Die evozierten Satzstrukturen (Bsp. „Wenn Fido Ball spielt, hat er Spaß“) sind kindgerecht und wirken nicht konstruiert. Die kleinen Schachteln werden den Kindern sicher gut gefallen und viel Spaß machen, allerdings ist zu vermuten, dass in vielen Praxen schon bald mit Hilfe von Streichholzschachteln Ersatzmaterial gebastelt werden müsste, da die kleinen Boxen vermutlich nicht ewig halten werden. Für den aktuellen Preis von 59,90 Euro handelt es sich um ein ansprechend gestaltetes und gut durchdachtes Verfahren, das im Praxisalltag zur Überprüfung der produktiven grammatischen Fähigkeiten eines Patienten genutzt werden kann. Die Itemanzahl ist hierbei größer als bei gängigen Überblicksverfahren, gibt jedoch dennoch nur einen orientierenden Eindruck. Die Auswertung des Verfahrens muss zur Therapieableitung durch eine qualitative Einschätzung des Therapeuten ergänzt werden. Durch die eher kurze Durchführungs- und Auswertungsdauer stellt „MuSE-Pro“ eine hilfreiche, quantitativ ausgerichtete Ergänzung zur Spontansprachanalyse dar.

Isabel Neitzel (Lehrlogopädin IB Medizinische Akademie, Köln)