Die Akademiker-Gesellschaft

Schulz, T. und Hurrelmann, K. (Hg.) (2013): Die Akademiker-Gesellschaft. Müssen in Zukunft alle studieren? In: Pädagogische Streitschriften. Weinheim/ Basel: Beltz Juventa.229 Seiten für 19,95 Euro

Das Buch „Die Akademiker-Gesellschaft. Müssen in Zukunft alle studieren?“ ist der vierte Band einer Reihe pädagogischer Streitschriften, welche seit 2012 im Beltz Verlag erscheint. Ziel der Publikation ist es Polaritäten im Denken gegenüberzustellen und somit bewusst auf die Idee einer Konsensfindung zu verzichten. Um dies zu leisten schreiben 22 Autoren vor dem Hintergrund ihrer beruflichen Verortung in den Bereichen Wissenschaft, Presse, Bildung und Politik in 17 Artikeln ihre Gedanken zum Thema nieder. Eine grobe inhaltliche Gliederung des Buches erfolgt durch eine Unterteilung in die Abschnitte “Der Trend zum Studium: historische und empirische Grundlagen“, „Chancen der Akademisierung: Hoffnungen und Notwendigkeiten“ sowie „Risiken der Akademisierung: Probleme und Widersprüche“.
Die Autoren verstehen die Hochschulexpansion nicht wie 1960, zu Beginn der Debatte, vordergründig als Ergebnis wirtschaftlicher Notwendigkeit im Sinne der Bereitstellung von Humankapital für das Wirtschaftswachstum, sondern auch als einen gesellschaftlichen und individuell forcierten Prozess.Als Pro-Akademisierungsargumente werden v.a. die geringere Arbeitslosigkeit oder das durchschnittlich höhere Einkommen von Akademikern, die positiven gesellschaftlichen Effekte, wie höhere Wahlbeteiligung oder Lebenserwartung von Hochschulabsolventen, sowie strukturelle Veränderungen, wie der zunehmende Wegfall von Routine am Arbeitsplatz nach dem Motto „Lernen lernen wird wichtiger als Wissen wissen“ (Dräger zit. in ebd., 45), ausgeführt. Negative Anmerkungen gegenüber der Hochschulexpansion zielen u.a. darauf ab, dass immer mehr Akademiker auf den Arbeitsmarkt strömen, die unter ihrer Qualifikation arbeiten (müssen) und somit ein Verdrängungsprozess zu Lasten der Personen des sekundären Arbeitsmarktes stattfindet. Außerdem wird die Motivation zur Hochschullaufbahn kritisch hinterfragt, die häufig vom Wunsch nach guter Entlohnung und nicht vordergründig vom Interesse getragen wird, was dazu führt, dass der Eigenwert von Bildung sinkt. Angelehnt an diesen Gedanken befassen sich einige Autoren auch mit den Parallelen, die bereits in der Schulbildung zu finden sind und verurteilen die frühe Selektion der Bildungswege nach der Grundschulzeit (vgl. z.B. Vogelsaenger in ebd., 206ff.). Auch die Idee, das persönliche Interesse wieder stärker zum Motor der Bildungswegwahl werden zu lassen und an Stelle der einseitigen Förderung des Hochschulbereiches den Ausbau der Durchlässigkeit zu fokussieren, bezieht sich auf diesen Aspekt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Publikation auch ohne vertieftes Vorwissen bezüglich der Thematik verständlich ist. Die Wiederholung bestimmter Fakten, wie z.B. die Rolle der OECD, die verschiedenen Herangehensweisen an die Akademisierung in den Ländern der EU sowie die historischen Belange zur konkreten Entwicklung in Deutschland, trägt zur Verinnerlichung wesentlicher Aspekte bei. Zusätzlich werden Bereiche, wie die Auswirkungen der Hochschulexpansion auf die Arbeit des dt. Studentenwerkes oder die Besonderheiten der Fachhochschulen im Prozess der Akademisierung, erörtert, die im öffentlichen Diskurs zur Thematik weniger im Fokus stehen und somit den Blick weiten können.

Jana Post (Logopädin, Dipl. Sprechwissenschaftlerin)Lehrende der Fachrichtung Logopädie des Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe am Universitätsklinikum Halle/ S.

BDSL Logopädie